Ferkel im Musterstall Ufhusen. (Monique Wittwer)

Am Info-Anlass vom 11. März 2024 wird der Hof der Familie Sigrist als erster Muster-Schweinestall vorgestellt. Esther und Kaspar Sigrist führen den Schweinebetrieb gemeinsam in Ufhusen im Kanton Luzern. Vor einer Weile haben sie sich dafür entschieden, die Schweinehaltung auf einen Standort zu konzentrieren und nach neusten Standards umzubauen.

Den bestehenden Schweinestall liessen sie erweitern: Mit einem Anbau des Abferkelstalls und einem Erweiterungsbau des Jagerstalls. Die Stallungen auf dem zweiten Standort haben sie aufgegeben – es handelt sich somit nicht um eine Aufstockung des Tierbestands.

Das Ziel: geringere Ammoniakemissionen und effizientere Arbeitsprozesse

Der Umbau wurde unterstützt vom Ressourcenprojekt «Ammoniak- und Geruchsemissionen in der Zentralschweiz reduzieren». Im März 2023 konnten Esther und Kaspar Sigrist die Ställe in Betrieb genommen. Mit folgenden ammoniakmindernden Massnahmen:

  • Niedrige Temperatur: Ansaugen von Zuluft aus dem Schatten
  • Impulsarme Zuluftführung mit Riesenkanal- oder Futterganglüftung (niedrige Luftgeschwindigkeit über verschmutzten Flächen)
  • Biowäscher bei zwangsbelüfteten Ställen
  • Phasenfütterung und N-angepasste Fütterung

Betriebsspiegel Hof Sigrist

Der mit dem Neubau (rechts) ergänzte Schweinestall. (Monique Wittwer)
Der mit dem Neubau (rechts) ergänzte Schweinestall. (Monique Wittwer)

Esther und Kaspar Sigrist
Mühlematt, 6153 Ufhusen LU

Tiere:
42 Abferkelplätze, 2 Frühabsetzerbuchten, 740 Jageraufzuchtplätze, 16 Weidebeef verschiedener Rassen

Landwirtschaftliche Nutzfläche:
35.5 Hektaren, davon 26 Hektaren offene Ackerfläche und 3 Hektaren ökologische Ausgleichsfläche

Kulturen:
Gerste, Mais, Raps, Urdinkel, Weizen, Zuckerrüben

Hofdüngermanagement:
Eigene Gülle und eigener Mist (1100 m3 Güllelagerraum, Miststock). Ausbringung mit Schleppschlauch, in Hanglagen mit Düse.

Besonderes:
Stallneubau und -anbau 2023 mit tierfreundlichem und emissionsminderndem Stallkonzept. Eigene Energieversorgung durch Fotovoltaikanlage auf dem Schweinestall.

Interview mit dem Betriebsleiterpaar Sigrist:

Betriebsleiterpaar Esther und Kaspar Sigrist (Monique Wittwer)

Was war Ihre Motivation, ammoniakmindernde Massnahmen beim Stallneubau umzusetzen?
Kaspar Sigrist: Für uns war klar: Wenn wir umbauen, dann wollen wir den Betrieb auf den neusten Stand bringen. Wir wollen zeigen, dass die Landwirte und Landwirtinnen etwas gegen die Emissionsproblematik unternehmen können und hoffen so, zur Verbesserung des Bildes der Schweizer Landwirtschaft beitragen zu können. Ein emissionsminderndes Stallkonzept schliesst ein tierfreundliches nicht aus. Aufgrund der besseren Luft im Stall wird die Gesundheit der Tiere gefördert und das allgemeine Tierwohl gesteigert.

Welche Massnahmen wurden umgesetzt und weshalb?

  • Die frische Luft des Jagerstalls wird via Unterflur angezogen. Das bewirkt, dass die Luft im Winter wärmer und im Sommer kühler ist und somit die Temperaturbedürfnisse der Schweine besser erfüllt sind. Durch den Austausch über das Erdreich werden die Schwankungen, welche zwischen Tag und Nacht auftreten, ausgeglichen.
  • Dann wurde beim Abferkelstall eine Entmistung mittels Schubstange installiert (ohne Kot- und Harntrennung). Diese läuft täglich und die Kanäle müssen nicht mehr gespült werden. In diesem Teil des Stalls kann die Luft bei Bedarf zusätzlich mit einem sogenannten «Cool Pad» gekühlt werden, was den Hitzestress der Tiere in den wärmeren Jahreszeiten reduziert.
  • Die Abluft des gesamten Stallsystems wird durch einen Biowäscher gereinigt. Dies führt zu einer Reduktion von Staub, Ammoniak und Geruch in der Aussenluft.

Warum haben Sie sich für einen Bio- und nicht für einen Chemowäscher entschieden?
Ein Chemowäscher kam für mich nie in Frage, da ich keine Schwefelsäure verwenden will. Das Abschlämmwasser des Chemowäschers müsste man separat lagern und dabei Vorschriften bezüglich der Lagerung von wassergefährdenden Flüssigkeiten beachten. Das Abschlämmwasser könnte als Dünger verwendet werden. Wegen dem tiefen pH-Wert ist der Umgang damit nicht ganz ungefährlich. Das Abschlämmwasser aus dem Biowäscher hingegen kann in die Güllegrube geleitet und mit der Gülle ausgebracht werden.

 Wie verhalten sich die Tiere im neuen Stall?
Die Tiere fühlen sich wohl. Durch die abgekühlte und sauberere Luft können die Tiere ruhiger atmen und sind somit weniger hitzegestresst. Auch der Umzug ging für sie ohne Probleme vonstatten.  

Gibt es messbare Erfolge bei der Ammoniakreduktion?
Innerhalb von so kurzer Zeit bereits Erfolge zu erkennen, ist etwas schwierig. Im Juni wurde die obligatorische Abnahmemessung des Biowäschers durchgeführt. Hierbei wurde das eintretende Rohgas mit dem Reingas, das aus dem Biowäscher austritt, verglichen. Die Messung ergab eine Ammoniakreduktion von 60 %. Bei der Messung wurde festgestellt, dass bei unserem Stall bereits sehr saubere Luft in den Biowäscher eintritt. Der Eintrittswert lag bei 1.1 Mikrogramm Ammoniak pro Kubikmeter Luft. Zum Vergleich: In den Niederlanden und Deutschland beispielsweise liegt dieser Wert bei 9 Mikrogramm Ammoniak pro Kubikmeter Luft. Je schmutziger die Luft, desto höher ist natürlich auch die Wirkung des Biowäschers.

Welche Erfahrungen wurden beim Bauen gemacht?
Grundsätzlich verlief der Bau gut und ohne grosse Zwischenfälle. Streng war es dennoch. Beim Aushub, beim Installieren der Lüftung und beim Demontieren des alten Dachs haben wir selbst Hand angelegt. Und weil wir auch während der Bauzeit Tiere auf dem Betrieb gehalten haben, führte dies zu einer enormen Doppelbelastung für uns. Mit dem neuen Stallsystem samt automatisierter Fütterung und Einstreu geniessen wir jetzt die neu gewonnene Flexibilität.

Hat der Umbau Ihren Alltag auf dem Hof unter dem Strich verbessern können?
Durch das automatisierte Fütterungssystem und die ammoniakmindernden Massnahmen habe ich einen kleineren zeitlichen Aufwand für Routinearbeiten und es bleibt mehr Zeit für die Kontrolle der Tiere.. Es geht einfacher, da die Zuchtsauen ihre Buchten praktisch selbst sauber halten. Dazu kommt, dass ich etwas flexibler geworden bin mit den Stallzeiten. So müssen andere Arbeiten auf dem Hof oder Feld nicht immer an die Stallzeiten angepasst werden. Oder wir können uns ab und zu einen längeren Ausflug gönnen, was für uns als Familie natürlich sehr wertvoll ist.

Technische Angaben

Biowäscher

Im Biowäscher (KWB Air Systems BV) herrscht durch vier Ventilatoren erzeugter Unterdruck, der bewirkt, dass die Abluft aus den Ställen durch den gesamten Biowäscher gesogen wird. Pro Stunde können maximal 60’000 Kubikmeter Luft durch die Anlage gereinigt werden.

Mithilfe von Wasser (teils Regenwasser) und Mikroorganismen im System werden die Prozesse zur Ammoniakentfernung und Geruchsminimierung bewirkt. Die Anlage verfügt über folgende Reinigungsstufen:

  • Staubentfernung
  • Biologische Waschstufe zur Ammoniakentfernung
  • Biologische Waschstufe zur Geruchsminimierung
Kaspar Sigrist vor dem Biowäscher. (Monique Wittwer)
Kaspar Sigrist vor dem Biowäscher. (Monique Wittwer)

Unterflurzuluft

Für tiefere Temperaturen im Stall: Mittels eines Unterdrucks von 30-40 Pascal wird Luft von der Nordseite angezogen und durch einen Hohlraum unter dem Stall geleitet. Von dort gelangt sie weiter in den Dachraum der Ställe. Die Luft wird mit 1 m/s durchgezogen. Im Winter wird die Luft wärmer (ca. plus 6 °C), da der Erdboden die Wärme noch besser halten kann. Im Sommer wird die Luft durch den Erdboden abgekühlt (ca. minus 3 °C). Ausserdem werden Schwankungen zwischen der Tag- und Nachttemperatur abgefedert. Für die Tiere bedeutet das weniger Stress.

Luft wird durch einen Kanal unter dem Stall angesogen. (Monique Wittwer)
Luft wird durch einen Kanal unter dem Stall angesogen. (Monique Wittwer)

Cool Pad

Das Cool Pad schaltet sich bei einer Aussentemperatur von 22 °C automatisch ein. Die angesogene Luft wird durch das Wasser gekühlt, das über einen Zellulosevorhang fliesst. Die Luft im Stall wird im Sommer somit angenehm kühler für die Tiere, was in Anbetracht des Klimawandels unabdingbar werden wird.

  • Pro Stunde können rund 6’500 Kubikmeter Luft pro 1 Quadratmeter Cool Pad-Fläche umgesetzt werden.
  • Abkühlung von 5-6 °C.
  • Ein Nachteil des Cool Pads ist der relativ hohe Wasserverbrauch von rund 50 Liter pro 10’000 Kubikmeter gekühlter Zuluft pro Stunde.
Wabenförmiger Vorhang des Cool Pad. (Monique Wittwer)
Wabenförmiger Vorhang des Cool Pad. (Monique Wittwer)

Lüftungssystem Stall: Impulsarme Zuluftführung

Die angezogene Frischluft gelangt in die Dachräume oberhalb der Ställe. Die Luft kann von dort durch die Deckenplatten in den Stall eindringen. Der Vorteil daran ist, dass keine Zugluft entsteht (besser in Hinsicht auf Emissionen und Tierwohl). Das Lüftungssystem macht keinen Lärm. Die Abluft aus den Stallabteilen wird durch gesteuerte Abluftklappen gezogen und in einen separaten Kanal geleitet. Von dort aus gelangt sie in den Biowäscher zur Reinigung.

Impulsarme Zuluftführung: Durch eine poröse Decke wird die Luft in den Stall gesogen, durch gesteuerte Abluftklappen gelangt die verbrauchte Luft in den Abluftkanal. (Monique Wittwer)
Luftaustausch dank poröser Decke und gesteuerten Abluftklappen. (Monique Wittwer)

Bau

  • Stallplaner und -bauer waren Frey Stalleinrichtungen und Schlosserei AG von Ebersecken LU, sowie Schauer Agrotonic von Schötz LU.
  • Fachlich wurde der Stallbau von Markus Bucheli, Baucoach der nationalen Drehscheibe Ammoniak, begleitet.

Grundriss mit Lüftung Schweinestall Sigrist. (Plan von Frey Stalleinrichtungen.)

 

Kosten

Das Betriebsleiterpaar hat im Vorfeld viel selber geplant und bei der Umsetzung viel Eigenleistung eingebracht. Die Umsetzung aller Massnahmen verursachte zudem folgende Zusatzkosten:

Biowäscher: ca. Fr. 100’000.-
Zuluft aus dem Schatten: ca. Fr. 20’000.-
Cool Pad: ca. Fr. 5’000 – 10’000.-

Durch die Teilnahme des Betriebs am Ressourcenprojekt Ammoniak- und Geruchsemissionen in der Zentralschweiz reduzieren war die Beratung durch den Baucoach kostenlos und ein Teil der Mehrkosten wurde übernommen.